Nachdem Kati und ich in 2018 18 mal oben auf dem Feldberg waren, schlug ihr Sohn Amon vor, dass wir 2019 dann mal 19 Mal fahren sollten. Wir dachten kurz über potenzielle Verbesserungen in unserem Ablauf nach und nahmen die Herausforderung an 😉
Los ging es wie immer am Samstag Morgen mit der ersten Auffahrt um 10.00 Uhr. Naja, wir starteten 2 Minuten verspätet aber dann ging es in einer Riesengruppe los. Das Wetter wollte sich auch nicht so richtig festlegen, wie es werden sollte und wechselte auch stündlich seine Meinung hierzu. Auffahrt Nummer 1 rollte gemütlich den Berg hoch, runter, Runde um den Kreisel und wieder hoch. Die Pausen nach jeder der Abfahrten hatten wir als Hauptzeitfresser vorher identifiziert und beschlossen, nur nach jedem 2. Mal beim Versorgungszelt vorbei zu fahren. Also, wieder rauf. Zwischendurch tropfte es, Stimmung war gut und so rollten wir den Hügel hoch. Runter und dann schon mal das erste Stück Kuchen bei der Versorgung eingesammelt.
Auf der 3. Auffahrt tropfte es dann auch mal wieder, aber richtig nass wurden wir dann erst bei Auffahrt Nr. 4 und danach stand das Wasser in den Schuhen. Es regnete als wir oben am Berg ankamen und grandioserweise standen Julia und Holger oben und reichten uns heißen Tee (die beiden waren vorher den Berg hochgelaufen und hatten dort Holgers Auto), was uns innerlich wärmte und die gefrorene Seele streichelte. Dennoch stellte sich die Frage, ob es sich lohnte, sich da schon umzuziehen? Nicht wirklich, der Regen hörte auf, es trocknete ab und wir auch. Also, weiter. Die Auffahrten gingen mit wechselnder Begleitung so vorüber und nach der 8. gab es dann Abendessen in Form von Nudeln. Ein Paar trockene Socken, was aber nur bedingt half, weil die sofort wieder durchweichten. Und Arm- und Knielinge sowie Licht, damit wir dann bei der einbrechenden Nacht vorbereitet waren. So ging es Richtung Nacht.
Nach wie vor waren wir voll im Zeitplan, was uns positiv stimmte. Es ging weiter, eine Auffahrt nach der anderen. Kati und ich fuhren kontrolliert, die Beine waren nach wie vor ok und die letzte Aussage war, dass das Wetter ab da dann auch trocken bleiben sollte (!).
Nach Einbruch der Dunkelheit übernahmen es unsere Edelsupporter Alex H und Ariane, mit dem Auto als Begleitung, hinter uns herfahrend, uns nach hinten abzusichern. Ein phantastischer Service, jedes Jahr wieder. Man stelle sich halt vor, mitten in der Nacht im ersten bzw maximal zweiten Gang im Auto hinter nem Haufen Radfahrern herzufahren… Bei der 13. Auffahrt (kurz vor 1) waren wir zusammen mit Sebastian, Felix und Alex auf dem Weg und es fing schon vor der Applauskurve an zu tröpfeln. Dann auch mal mehr…und wieder weniger. Und dabei sahen wir den Mond und ein paar Sterne! Wo kam denn der Regen her? Vor dem Sandplacken verwandelte sich das mehr oder weniger tröpfeln in einen Guss, so dass wir uns in eines der Buswartehäuschen auf dem Sandplacken flüchteten, bevor wir gänzlich nass wurden. Da hockten wir also wie die Hühner auf der Stange im Häuschen, es schiffte ohne Ende und als Alex auf den Regenradar schaute, um zu sehen, wie sich das nun weiter entwickeln würde, sagte er tatsächlich: „laut Regenradar regnet es hier nicht“. Ja nee, ist klar 😉 also gut, nach 10 Minuten ließ der Regen nach und wir entschieden uns, weiterzufahren, denn was bliebe einem anderes übrig? Oben auf dem Gipfel sahen wir wieder einmal nicht den beleuchteten Turm und rollten hinunter.
Hier noch ein kleiner Einwurf. Auf den letzten Metern zum Gipfel ist die Straße für 3-4 Meter nicht asphaltiert, sondern mit großen Steinen gepflastert (vermutlich zur Verkehrsentschleunigung). Das erzeugt ein leichtes Paris-Roubaix-Gefühl bei den ersten 3 Auf/Abfahrten, aber beim spätestens 10. Mal runter, stellt man sich die Frage, warum es dieses Pflaster dort gibt. Denn es tut wirklich weh in der kompletten Muskulatur, wenn der Körper da jede Stunde wieder zweimal durchgerüttelt wird. Aber vermutlich hat die Stadt Oberursel nie daran gedacht, dass jemand so häufig darüber rollen würde…
Während einer so langen Tour kommt man natürlich auch zu den seltsamsten Themen im Gespräch. So kamen wir darauf, dass wenn ich im übernächsten als Spielerfrau wiedergeboren werde, mich um die Vermarkung des richtigen Lidstrichs kümmern möchte, Kati als Katze wiedergeboren werden möchte und an die Aussage meines Schwimmschleifers erinnerte, dass langes Rad fahren eine einseitige Körperhaltung provoziert (nein, wirklich??? Das ist ja gediegen). Die Frage, ob wir uns nach der Tour auf der Blackroll ausrollen würden, konnten wir allerdings nicht abschließend klären, weil wir nicht abschätzen wollten, ob das ggf nicht doch zu schmerzhaft wäre. Dafür waren wir uns sehr einig, dass Duschen und trockene Kleidung ein unglaubliches Privileg sind.
Gegen 3 Uhr nachts gab es dann die bestellten 3-Uhr Nudeln, die zwar aussahen wie die Panzer von Babyschildkröten (und genauso groß waren), aber um die Uhrzeit ist einem das auch schon irgendwie egal. Auf dem Parkplatz brannte die Feuerschale (großartige Wärmequelle!), wir zogen uns nach dem letzten Guss komplett trocken an (bis auf die Schuhe, die ab da in Mülltüten immerhin trocken gehalten wurden, was aber der Abtrocknung der Füße nicht wirklich weiter half), tranken und aßen und waren auch sehr froh, dann einfach mal nicht auf dem Rad zu sitzen (Stichwort: einseitige Sitzposition). Kurz nach 4 ging es wieder los – Ariane wieder hinter uns und wir fuhren schon in die Morgendämmerung. So schnell kann die Nacht vergehen… Oben angekommen war es wie immer „ein bisschen magisch“ bei der aufgehenden Sonne und wir sausten wieder einmal den Berg runter. Unten am Kreisel gedreht und wir freuten uns, dass nun das Ende auch schon absehbar war. Also, Nummer 16 in Angriff genommen. Allmählich waren wir allerdings nicht nur müde, sondern die Beine auch. Was uns nicht wirklich überraschte und da wir weiterhin voll im Plan waren, stresste es uns auch nicht.
Der Feldberg ist ja insofern fies, weil es bis zum Sandplacken mit 6-7 Steigungsprozenten sehr gut rollt. Erst ab da bis zum Gipfel auf den letzten 3 km wird es steiler und damit auch anstrengender (und weniger angenehm) zu fahren. Aber der Stoppomat steht halt nicht am Sandplacken sondern auf dem Feldberg. Und der Gipfel ist ja auch nicht am Sandplacken. Und die Aktion heißt ja „auf den Feldberg“ und nicht „auf den Sandplacken“. Also ist jede weitere Diskussion an dieser Stelle zu beenden.
Nach Nummer 16 machten wir noch einen kurzen Stop bei unseren Versorgern, um dann Nummer 17 noch vor dem Frühstück zu vollenden.
Das gute war, dass es nach dem Guss in der Nacht trocken blieb und wir mit jeder Tour ein bisschen weniger nach der Abfahrt nass waren. Dann gegen halb 8 (so ungefähr, Zeit wurde nicht mehr in Stunden und Minuten gemessen sondern in Auffahrten), hockten wir uns zu den frisch mitgebrachten Brötchen von Julia, tranken Kaffee, zogen uns mal wieder um/an/aus und freuten uns, dass wir nach der kommenden Auffahrt so weit wären, wie im vergangenen Jahr. Also, ein vorletztes Mal rauf mit Kristin und Julia, die für uns die Pace machten und wir nur noch hinten mitfahren mussten. Kurz nach halb 10 waren wir pünktlich für die letzte Auffahrt unten, alle anderen machten sich fertig, wir kletterten mehr als mit frischem Schwung auf die Räder und in der Gruppe rollten wir ein letztes Mal den Berg rauf. Kati und ich schnauften fröhlich und schoben es auf die Höhenluft. Schließlich waren wir zu dem Zeitpunkt auf mehr als 11.000 Höhenmetern unterwegs! Innerlich grinsend aber uns auch schon sehr auf das Ende freuend. Endlich, das letzte Mal der Gipfel (ich finde es beim Schreiben ein wenig bizarr, von „Gipfel“ zu schreiben, weil es dann irgendwie ja doch nur der Feldberg ist, aber der Duden definiert „Gipfel“ als „höchste Spitze eines [steil emporragenden, hohen] Berges“, was in dem Fall dann ja auch irgendwie passt. Außerdem gibt es dort auch ein Gipfelkreuz und das stünde ja nicht dort, wenn es keinen Gipfel gäbe, oder?)!
Wir umarmen uns alle und es gibt das obligatorische Gipfelfinisherbild. Schön wars mal wieder!
Wir rollen ein letztes Mal den Berg runter aber halt! Es fehlen uns ein paar Meter, um die 444km vollzumachen. Also rollen Kati und ich noch einmal kurz bis zur Klinik rauf – soviel Zeit muss sein. Und dann rollen wir Richtung Bett!
Ich danke allen den-Berg-runter-Vorfahrern, Mitfahrern, Aufpassern, Spendern in Form von Wohnmobilen, Kuchen, sonstigem Essen, Essens- und Kaffeekochern von Herzen! Ohne euch wären wir nur ein paar schräge Menschen, die 24 Stunden lang einen Berg hochfahren!
Und es kann weiterhin gespendet werden: https://www.kinderkrebs-frankfurt.de/index.php/spenden/anlass-spende?cfd=vk6pi&cft=nujthmmqfdknq9t7m2ug0sj386si4ser5d2cad088a1cb#cff