Nach dem Rennen im letzten Jahr stand für mich schon auf der Ziellinie fest – hier komme ich wieder her und dann gewinne ich das Ding. Dummerweise hatte ich keine Ahnung, wie man Alexandre Touzard auf diesem Kurs schlagen kann: er ist in etwa so stark wie ich auf dem Rad und Laufen kann er wie ein Gott. Nur im Wasser ist er die absolute Graupe. Also wollte ich ihm im Wasser 10 Minuten geben, auf dem Rad 5-10 Minuten, dann könnte der Vorsprung reichen. Das war der Plan und so trainierte ich dann auch das vergangene Jahr.
Vor Ort dann die erste Überraschung: Alexandre war nicht hier, er will sich in diesem Jahr auf Embrun konzentrieren. Ok, also neue Taktik, denn statt dessen war ein anderer zweifacher Sieger hier, der besser schwimmen konnte, auch eine ziemlich gute Radzeit stehen hatte, dafür nicht ganz so stark beim Laufen war.
Wie dem auch sei, meine Vorbereitung war gut – nicht optimal, aber ok. Ich hatte mein Rad um ca. 500g abgespeckt, ich war den Kurs mindestens einmal abgefahren und abgelaufen, das Wetter war um Längen besser als im letzten Jahr – konnte ja nix mehr schief gehen.
Der Wettkampftag begann wie geplant abartig früh: um 3:00 Uhr klingelten die Wecker und dann begann das Programm: Kontaktlinsen, Sonnencreme, Kaffee – endlich wieder mit Koffein – Frühstück, Flaschen auffüllen und dann los zur Wechselzone. Das war von unserem Campingplatz ein Marsch von 2km.
Dort angekommen konnte ich dann in Ruhe alles vorbereiten, meine Eigenverpflegungsbeutel abgeben und zweimal das Dixi besuchen – anscheinend war meine Verdauung auch recht nervös….
Schließlich dackelte ich dann runter zum Start, Neo an, Brille auf und ab ins Wasser, wenigstens 50m einschwimmen.
Der Start war für 5:30 geplant und relativ pünktlich ging es dann auch los – die vom letzten Jahr bekannte Musik begann und um ich glaub 5:33 erfolgte der Startschuss und die Bengalos gingen an – geniale Stimmmung:
Wie Fliegen schwammen wir alle auf das Licht auf der anderen Seite des Sees zu, durch das relativ kleine Startfeld kam es aber kaum zu Feindberührungen. Nach 300 Metern gab es dann die erste Ãœberraschung: ich hatte mir vorher noch eine super duper Schwimmbrille mit 300 Stunden Antifog Beschichtung gekauft und nun war das blöde Ding schon beschlagen – Klasse. Glaub bloß nie der Werbung und dem Gebabbel des Verkäufers…. Also kurz angehalten, ausgespült und weiter. Bis zur Boje kam ich ganz gut mit, dann die erste 90 Grad Kehre, zur zweiten Boje und 90 Grad wieder Richtung Start. Als ich dann zum ersten Mal Richtung Staumauer blickte, sah ich sie: eine dichte Nebelmauer war entstanden und bewegte sich recht fix auf uns zu. Ich dachte noch: naja, wir schon noch reichen, aber innerhalb der nächsten 5 Minuten hatte sie uns erreicht und man sah nix mehr, weder das eine noch das andere Ufer.
Glücklicherweise war sie nicht sehr hoch, so dass man den Mond sehen konnte und ich mich daran grob orientieren konnte. Dennoch war ich mehr als froh dass noch einige Schwimmer um mich herum unterwegs waren und zusammen haben wir dann das Ufer wieder gefunden. Trotz dieser Problemchen und sicherlich einiger Umwege hatte ich so die erste Runde in 34 Minuten geschafft – nicht optimal, aber ok. Beim Landgang gab es dann die beinahe schon erwartete Nachricht: Rennabbruch wegen des Nebels. Ich muss sagen, dass ich darüber auch ziemlich froh war, denn ich hatte keine Ahnung, wie man die zweite Runde schwimmen sollte.
Dann war eine Stunde lang nicht wirklich klar, wie es weiter gehen sollte, ob es einen Neustart geben sollte, oder wir gleich mit dem Rad weitermachen sollten. So lange mussten wir in der Wechselzone warten, bis alle Starter aus dem See gefischt worden waren – einige hatten sie auf der anderen Seite des Sees aus dem Wasser geholt und die mussten erst rüber gebracht werden, ein Schwimmer ist wohl 1:40 lang Kreise im See geschwommen, aber auch den haben sie gefunden.
Dann gab es eine Abstimmung wie es weiter gehen sollte und das Ergebnis war: kurzer Lauf und dann wie gehabt Rad und dann der normale Lauf.
Also durften wir uns umziehen und immerhin kurz warm laufen. Startaufstellung war auch alles andere als gut organisiert, so richtig wusste auch niemand, wie es nun laufen sollte. Ich dachte mir, dass ich ganz schlau bin und zog meinen Helm schon an, doch damit wurde ich von den Kampfrichtern kurz vor dem Startschuss wieder weg geschickt. Nachdem ich den Helm dann weg gebracht hatte stand ich dann ganz hinten – hurra!
Dann kam der plötzliche Startschuss und… Nein, die ballerten nicht alle wie irre los, wie man das von den Duathlons sonst so kennt. Im Gegenteil, die meisten Jungs gingen es recht locker an, so dass ich an allen vorbei laufen konnte und recht schnell vorne dabei war – ok, die sind dann schnell gelaufen, aber nach ca. 2km war der Spaß schon vorbei und als sechster lief ich in die Wechselzone.
Als dritter saß ich dann auf dem Rad und schwupps hatte ich auch schon den zweiten eingeholt. Ok, dachte ich mir, jetzt schnappst Du Dir noch den ersten und dann fährst Du so einen Vorsprung raus, dass die guten Läufer so demotiviert sind, dass sie es gar nicht erst versuchen. Das war wieder mal so ein lustiger Plan, den die Realität recht schnell einholte. Ich fuhr also recht fix los, doch den ersten sah ich erst einmal nicht – ok, es war auch nebelig, daher dachte ich mir nicht viel dabei. Im nächsten Tal hatte man aber schon bessere Sicht und einmal konnte ich ihn sehen und der hatte schon einige an Vorsprung. Ok, immer noch nicht dramatisch, mein Start war ja nicht optimal. So ging es dann hoch zum Col de la Llose, der ist noch sehr human, nicht sehr steil, nicht sehr lang, ideal zum warm werden. Danach eine herrliche Abfahrt, bevor bei km 25 dann ein längerer Aufstieg ansteht: ca. 13km lang geht es kontinuierlich rauf, mal steiler mal flacher. Hier bekam ich dann den Abstand angesagt: 4:20 Minuten – das war natürlich ein Schlag ins Gesicht: ich dachte mir, wenn der Irre da vorne so weiter macht, hat der nach dem Radpart mindestens 30 Minuten Vorsprung – na Gute Nacht. Zusätzlich sah ich, in dem Tal, dass sich hinter mir eine 4er Gruppe gebildet hatte, die auch etwas Zeit gut gemacht hatten. Also neue Taktik: Abstand zum Vordermann halten, die Jungs hinten nicht ran kommen lassen – ganz einfach. So ging es dann auf den Col de lCreu und sieh da, der Abstand war auf 3:40 Minuten gesunken. Die folgende Abfahrt war ich im Training zweimal gefahren, dachte also, dass ich sie recht gut gefahren war, doch unten in Matemale stand das Mädchen und gab mir den Abstand erneut durch: 4:30…Ok, das war demotivierend. Aber weiter ging es. Nun auf dem wohl einzigen Flachstück, auf dem man dann auch mal den Auflieger nutzen konnte. Der folgende Anstieg und die Abfahrt nach Querigut ist auch gut zu fahren, sie hatten uns sogar den Gefallen getan und den Schotter in der Abfahrt beseitigt – sonst wäre das kein Spaß geworden. So war aber alles bestens. Noch einige Kilometer weiter ging die Abfahrt, bevor der Anstieg zum Col de Pailheres ansteht. Zunächst geht es nach Mijanes mit der ersten Station mit der Eigenverpflegung. Hier erfuhr ich mal wieder den Abstand: 3:00 etwa. Ok, dachte ich mir, nun fährst du den Berg voll Anschlag rauf und oben hast Du den Jungen. Ich kam auch gut rauf, fühlte mich entsprechend gut und wurde unterwegs auch von einer Hammer Aussicht motiviert: wir waren durch die Wolken gefahren, hatten schönstes Sonnenwetter dort oben und unter uns das Wolkenmeer im Tal – leider hatte ich keine Kamera dabei, also keine Bilder davon. Nach 2/3 des Anstiegs erfuhr ich mal wieder die Abstände: 3:30. Ich dachte ich bin im falschen Film – ich war hier wie ein Irrer unterwegs, um Längen schneller als im letzten Jahr und der Jung vor mir war einfach nicht zu kriegen. Immerhin konnte ich ihn ab und an sehen, das war aber auch nicht weiter motivierend. Dafür aber der Blick zurück denn auch da war nicht viel zu sehen, die Gruppe war ich also vorerst losgeworden. Oben an der Kuppe dann die neuen Abstände: 3:20 – na immerhin 10 Sekunden – auch ein blindes Huhn…. Runter vom Berg ging es wieder in den Nebel – aber nicht so dicht wie beim Schwimmen, das einzige Problem hier beim Altriman ist, dass die Abfahrten so technisch anspruchsvoll sind, dass man eigentlich immer beide Hände am Lenker braucht, so das man kaum etwas essen oder trinken kann. Der französische Hoppelasphalt ist dabei auch nicht weiter förderlich. So kann man eigentlich nur in den Anstiegen futtern, was eigentlich suboptimal ist. Aber Futtern muss halt sein.
Die Abfahrt geht dann bis kurz vor Ax le Therme, dann biegt man ab auf den nächsten Berg: Col du Chioula. Also gemütlich rauf – mehr oder weniger und weiter zum wärmeren Teil der Strecke. Nach diesem Berg kommt man in einen Bereich wo es auch schon im letzten Jahr recht warm war und so war es auch wieder. Wellig geht es weiterüber Belcaire und Espezel. Einige fiese Rampen finden sich aber immer und die wurden auch alle in den Kurs eingebaut. Der Abstand pendelte sich nun so bei 3:00 Minuten bis 3:30 ein. Ok, dachte ich mir, es kommt ja noch das Laufen. So weit war ich schon, dass ich auf das Laufen bauen musste. Wenn mir das mal jemand vor dem Start gesagt hätte…
Schließlich rauscht man in das Tal der Aude zurück, nach Gesse, wo es die zweite Eigenverpflegung gibt. Hier gab es dann Koffeingel und Colawasser, dazu ein Drink Gel und 3 neue Gelflaschen. Frisch gestärkt kam dann der nächste Anstieg. Hier geht es die nächsten ca. 20km bergauf, gerne in der prallen Sonne und auch gerne mit Wind. Wenigstens war es nicht allzu warm und was motivierend dazu kam, der Abstand wurde geringer: als ich oben ankam, waren es nur noch 2:50. Der Kolleg da vorne wurde also müde – der Waschlappen – hält das Tempo keine 7 Stunden durch… Nach der schönen Abfahrt nach Escouloubre les Bains kommt dann das wohl heftigste Stück: nachdem man die Aude auf eine winzigen Brücke überquert hat, steigt die Straße mit bis zu 16 Prozent nach Carcancieres an. Im letzten Jahr war ich hier mit 9km/h hoch gekrochen, in diesem Jahr blieb der Tacho immerhin zweistellig. Ich frag mich, was die hinteren Starter hier machen. Durch den Ort durch, noch eine Bodenwelle bis nach Querigut und dann endlich der letzte Anstieg – und siehe da, plötzlich sehe ich den Kollegen. Der steht beinahe an dem Berg. Also noch ein letztes Mal die Zähne zusammen beißen, langsam ran fahren und vorbei. Endlich, nun durfte ich nur nicht mehr schwächeln. Das tat ich aber anscheinend in der folgenden Abfahrt, denn danach war er wieder da. Ich fragte ihn dann, ob er auch laufen könne und er meinte nur: Ja klar! Das konnte also noch einen richtigen Kampf beim Laufen bedeuten. Im letzten Ort vor der Wechselzone – Formigueres – mussten wir eine Umgehung fahren, da der Ortskern wegen einer Veranstaltung gesperrt war. Die kannte ich auch schon vom letzten Jahr und war vorbereitet, hier konnte ich ihn dann abschütteln und die letzten ca. 5km Richtung Wechselzone fahren. Hier sah ich dann auch, dass wir extrem schnell unterwegs gewesen waren: während der bisherige Streckenrekord bei 7:38 lag, stieg ich schon nach ca. 7:10 vom Rad. Ok, das Schwimmen war weggefallen und der Wind stand wohl auch etwas besser als im letzten Jahr, dennoch hatte dieser Fight zwischen uns beiden wohl doch dafür gesorgt, dass wir so schnell unterwegs waren.
Nun also nur noch laufen… Nur noch… Ganz einfach. Ich wollte die ersten 2-3km schnell anlaufen um zu sehen, wie schnell mein Konkurrent wirklich war. Ärgerlicherweise eignet sich die Strecke nicht so ganz dafür: es geht die ersten 2km durch einen Wald und hier hat man genug damit zu tun, nicht an irgendwelchen Wurzeln oder Steinen umzuknicken. Alles andere als optimal, um gut in den Tritt zu kommen.
Dann jedoch wird es besser, man läuft über die ca. 1km lange Staumauer auf die andere Seeseite, dort noch ca. 1km am See entlang, bevor es mal wieder rauf geht: ca. 800m, 50hm – Wendepunkt und wieder zurück zum Start.
Hier konnte ich dann den Abstand messen: 3:40 – und der Jung sah nicht gut aus. Bis mir der nächste entgegen kam, verging noch mehr Zeit, der war eigentlich schon keine Gefahr mehr – wobei: aus dem letzten Jahr wusste ich ja, was hier noch alles beim Lauf passieren kann – also ging es konzentriert weiter: an der Wechselzone vorbei, wieder ein kleines Trailstück, dann ein breiterer Weg mit tief ausgewaschenen Löchern und schließlich geht es zur Feier des Tages mal wieder rauf: zunächst über einen “Weg” nach Les Angles. Der besteht aber auch nur aus gröbstem Schotter und Steinen – herrlich, wenn man mit den dünnen Raceschuhen unterwegs ist. Als ich im Ort ankam, schaut ich schon fast über kreuz, aber es geht ja noch weiter rauf: erst ein Schlenker durch den Ort und dann das Sahnestück: bevor man den höchsten Punkt des Laufs erreicht, geht es eine kerzengrade Straße 1km 10% rauf. Jetzt bloß nicht gehen, jetzt bloß nicht gehen, jetzt bloß nicht gehen – bin ich auch nicht, wobei das “Laufen” auch nicht viel schneller war. Immerhin gibt es oben eine Verpflegungsstation – hat ein bisschen was von der Palani Road. Danach läuft man aus dem Ort wieder raus, etwas runter zum Lac de Balcere, der wunderschön im Wald liegt. Mal wieder Wendepunkt und zurück. Wieder konnte ich den Abstand zu meinen Verfolgern abschätzen und der war massig größer geworden, ca. 15 Minuten hatte ich nun schon auf den Zweiten. An der nächsten Verpflegungsstelle hätte ich es mir aber dann beinahe noch versaut. Als ich meine Kappe nass machen wollte hab ich irgendwie einen blöden Schritt gemacht und auf einen Schlag bekam ich so einen Krampf in der Oberschenkelinnenseite, dass ich keinen Schritt mehr gehen konnte. Mit etwas Dehnen versucht ich den Krampf weg zu bekommen, doch das klappte nicht wirklich. Also ganz in Ruhe kaltes Wasser drüber, so gut es ging massiert und ganz vorsichtig weiter gegangen – nach kurzer Zeit ging es dann glücklicherweise wieder und bergab belastete ich den Muskel anscheinend nicht, so dass er sich erholen konnte.
Also wieder zurück nach Les Angles und runter zum See – wieder auf die andere Seite des See, rauf in den Ort, wieder runter und den ganzen Mist zurück. Auf der Staumauer kamen mir meine Verfolger wieder entgegen, die hatten aber schon so viel Abstand, da musste ich mir kaum noch Sorgen machen. Also nur noch den Trail am See und den Weg rauf ins Dorf. Hier zuckte mein Krampf immer wieder, so dass ich ganz vorsichtig jeden Schritt so aufmerksam wie möglich lief. Dann endlich: noch die letzte Treppe (ok, ich bin gegangen), kleine Welle im Ort, Verabschiedung von meiner Radbegleitung und dann stand da schon Benoit, der mich ins Ziel leitete. Erst da konnte ich so langsam fassen, dass ich wirklich als erster hier einlief, nur noch rauf aufs Podium und dann – geschafft – ich war erst mal vollkommen geflasht.
Im Ziel wurde ich dann gleich interviewt, ich hoffe, ich hab da nicht zu viel Blödsinn erzählt, aber die Sprecherin war ganz cool. Anschließend noch einige Photos für die Presse und Sponsoren und endlich konnte ich mich mal hinsetzen und etwas ausruhen – was war ich platt…