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Diagnose, OP, Voruntersuchungen
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Datum |
Ereignis |
23. August 2006 |
Da am kommenden Wochenende der letzte Triathlon unserer Triathlon
Liga ansteht, will ich noch mal nach der Arbeit eine Runde durch den
Taunus drehen. Geplant sind so 100km mit ca. 1200hm. Direkt nach dem
losfahren bemerke ich, dass heute da unten irgendetwas nicht stimmt,
ich denke mir nicht viel dabei und fahre weiter – hast Dir halt
irgendwas eingeklemmt und das tut nun weh – geht schon wieder
weg. Als Radfahrer und Triathlet ist man es ja schon beinahe gewohnt,
dass einem immer etwas weh tut. Beim Anstieg zum Feldberg treffe ich
Cora, eine gute Freundin, und quatsche mich fest, so dass ich danach
nur noch Zeit habe, zum Sandplacken und zurück zu fahren. |
27. August 2006 |
5 Tage später findet der Viernheim Triathlon statt. Das ungute
Gefühl in meinem rechten Hoden kommt und geht, ich schiebe es
darauf, dass ich täglich auf dem Rad sitze und sich eine eventuelle
Prellung nicht erholen kann. Der Triathlon läuft perfekt, schnellste
Radzeit und Platz 2 in der Liga Wertung. Zusammen mit den hervorragenden
Ergebnissen der Mannschaftskameraden schaffen wir so erstmalig in
der Vereinsgeschichte den Aufstieg in die Regionalliga. |
3. September 2006 |
Eine Woche später steht unsere Vereinsmeisterschaft im Rahmen
des Alzenau Triathlons an. Am Tag davor war ich bei einem Einzelzeitfahren,
wo ich als Titelverteidiger angetreten war „nur“ zweiter
– mit einer Sekunde Rückstand. Entsprechend motiviert war
ich zu Beginn des Triathlons. An dem Morgen tat der Hoden schon weh,
bevor ich auf dem Rad saß und auch Berührungen mochte er
nicht wirklich. Im Wettkampf war das alles wie weggeblasen und ich
habe zum ersten mal in meinem Leben einen Triathlon gewonnen –
und die Vereinsmeisterschaft natürlich auch. Stolz wie Oskar
wurde das an dem Abend natürlich noch lange gefeiert. |
4. September 2006 |
Tag darauf beschloss ich dann doch zum Arzt zu gehen, da ich mir
schon dachte, dass ein Allgemeinmediziner da net viel ausrichten kann,
habe ich mir gleich einen Urologen gesucht. In der ersten Praxis abgewiesen
(Termin im Oktober) kam ich so zu einer Gemeinschaftspraxis mit offener
Sprechstunde – und das war im Nachhinein auch gut so, denn die
dortigen Ärzte sind alle drei sehr kompetent – wobei ich
sagen muss, dass mir da der Vergleich fehlt. Immer noch denke ich
es handelt sich um eine Prellung oder ähnliches, meinem Arbeitskollegen
sage ich, dass ich am kommenden Tag wegen eines Arztbesuchs etwas
später zur Arbeit komme… |
5. September 2006 |
Etwas unsicher gehe ich heute früh zum Urologen. Das ist für
Männer nach dem Zahnarzt wohl der unbeliebteste Arzt, zumindest
in meinem Fall – wobei ich nun sagen kann – Jungs, so
schlimm ist das gar nicht. Nach einer kurzen Scherzerei mit den Arzthelferinnen
komme ich auch recht schnell dran. Nach einem kurzen Gespräch
werde ich abgetastet und der Arzt meint, der rechte Hoden sei etwas
verhärtet, so dass er zum Ultraschall Gerät greift. Ich
mache noch Scherze und meine, dass ich es Wahnsinn finde, was Ärzte
auf en Ultraschallbildern alles erkennen. In diesem Fall erkenne jedoch
auch ich, was Sache ist: in meinem rechten Hoden befindet sich eine
kreisrunde Struktur mit ca. 1,5cm Durchmesser. Dazu die oben bereits
erwähnten Worte: „So leid es mir tut, aber das sieht aus
wie ein Tumor“… PENG! Das hat gesessen. Mein erster Gedanke:
„Schöne Scheiße, das war’s…“ Gedanken
rasen durch meinen Kopf, Krebs - was bedeutet das. Wie wird das behandelt,
welche Heilungschancen habe ich, was kommt auf mich zu, wie sieht
es aus mit Kindern, etc. etc. Fragen über Fragen, die ich auch
alle dem Arzt stelle, der mich sehr gut betreut und alle Fragen geduldig
beantwortet. Ab da geht alles sehr schnell: Blutabnahme und Überweisung
ans Krankenhaus, wo ich am kommenden Tag operiert werden soll. Der
eigentlich aufbauend gemeinte Ausspruch, dass auch Lance Armstrong
das überlebt hat (Als Anspielung an mein Livestong Band, das
ich seit 2 Jahren trage), tröstet mich nicht wirklich, da ich
seine Bücher gelesen habe und mir daher vorstellen kann, was
er durchgemacht hat.
Vom Urologen geht es direkt ins Elisabethen Krankenhaus, wo sämtliche
Voruntersuchungen anstehen. Das Krankenhaus wird derzeitig renoviert,
dennoch finde ich mich schnell zurecht. Hier darf ich noch mal alles
über mich ergehen lassen: Röntgen, Blut abnehmen, EKG, Blutdruck,
Fragen über Fragen beantworten, Zustimmungen unterschreiben und
dergleichen. Der behandelnde Facharzt (hab leider seinen Namen vergessen),
erklärt mir auch noch einmal genau, was auf mich zukommen wird,
macht mir Mut und beantwortet jede meiner Fragen. Gegen ca. 11:30
bin ich fertig und darf über Nacht nach hause. Die OP ist für
den kommenden Morgen um 8:30 Uhr angesetzt.
Sichtlich geknickt fahre ich auf dem Heimweg im Büro vorbei,
um meine Krankmeldung abzugeben. Die Kollegen reagieren geschockt
auf die Nachricht, machen mir aber auch Mut.
Zu hause steht nun die wirklich schwere Aufgabe an, meinen Eltern
die schlechte Nachricht mitzuteilen, die diese natürlich extrem
mitnimmt. Ich verbringe den Abend damit, Informationen über Hodentumore
im Internet zu suchen, denn natürlich will ich alles darüber
wissen. Ansonsten war der Abend der Horror – ständig habe
ich mir eingebildet, dass mir der Bauch oder die Lunge weh tut, was
natürlich Blödsinn ist, denn sowohl Ultraschall des Abdomens,
als auch das Röntgen der Lunge lieferten keine Anzeichen für
Metastasen. Schlafen konnte ich erstaunlich gut, sogar ohne die Beruhigungsmittel,
die man mir mitgegeben hatte.
Später erfahre ich auch die Werte meiner Tumormarker an diesem
Tag: Beta HCG: 1,6 und Alpha Feroprotein: 2,6 – beide noch weit
unter dem Grenzwert, was schon mal ein gutes Zeichen ist. |
6. September 2006 |
Der große Tag: die OP. Pünktlich aufgestanden und ins
Krankenhaus gefahren hatte ich dort genügend Zeit um mich vorzubereiten:
Klamotten einräumen, bei den Schwestern vorstellen und schließlich
die schcken Klamotten anzuziehen: ein heißes Netz-Unterhöschen,
das Standard-Krankenhaushemdchen und schließlich kniehohe Thrombose-Strümpfe.
Hab leider kein Bild davon machen können. Der operierende Arzt
– Prof. Bickeböller – kam kurz vorbei, um mir noch
mal den Ablauf der Operation zu erklären, dann musste ich mich
ins Bett legen und wurde in den OP geschoben. Da ich mich ja erst
am Morgen zu einer Vollnarkose entschieden hatte – eine spinale
Betäubung war mir dann doch nicht geheuer – wurde ich von
den Anästhesisten mit „Feigling“ begrüßt.
Scherzkekse… Auch hier wurde mir wieder genau erklärt,
wie die Narkose abläuft und was mich erwartet – und Ober-Anästhesistin
machte sogar Scherze und meinte, ich solle mir keine Sorgen machen
und das alles wieder gut wird, schließlich wolle sie im kommenden
Jahr mich beim Ironman anfeuern und dann damit angeben, dass sie mich
narkotisiert hat. Schon mal ein Fan mehr ;-)
Nunja, eigentlich wollte ich genau aufpassen, wie ich langsam wegdöse,
doch das klappte irgendwie net so ganz – in dem einen Moment
quatsche ich noch mit ihr, danach mach ich die Augen auf und sehe,
dass ich aus dem OP geschoben werde. Ich frage was denn los sei und
sie meinte, alles schon vorbei. Cool. Narkose ist klasse. Ok, ich
zittere wie bekloppt, aber auch dagegen bekomme ich schnell ein Mittel,
so dass es mir gleich besser geht. Nun darf ich noch eine Stunde im
Aufwachraum liegen und bekomme noch einige Schmerzmittel, dann werde
ich auf meine Zimmer geschoben. Prof. Bickeböller besucht mich
auch und erklärt mir, dass die Schnellschnittuntersuchung des
Gewebes ergeben hat, dass der Tumor bösartig war und daher entfernt
werden musste. Damit hatte ich eigentlich schon gerechnet, insofern
überraschte mich die Nachricht nicht sehr. Die genaue histologische
Untersuchung würde nun aber einige Zeit dauern, erst dann könne
man sagen, ob es ein Seminom oder ein Nichtseminom war, wodurch die
anschließende Therapie bestimmt werde. Also weiter warten…
Im Laufe des Tages bekam ich Besuch von meinem Dad, von einigen Freunden
und meiner Schwester, doch am Anfang war ich noch extrem müde
und bin sogar zweimal eingeschlafen während der Besuche.
Die Betreuung auf der Station war auch sehr gut, die Schwestern waren
sehr hilfsbereit und jederzeit ansprechbar.
Die Nacht war dann nicht ganz so klasse, da ich nur auf dem Rücken
liegen konnte – wegen der Verletzung zwischen den Beinen, ich
aber nicht auf dem Rücken schlafen kann – oder zumindest
nur sehr schlecht. |
7. September 2006 |
Eigentlich hätte ich schon heute nachhause gehen können
– ich konnte aufstehen und mich komplett alleine bewegen, dennoch
musste ich den Tag im Krankenhaus verbringen – nicht wirklich
spannend… Also etwas gelesen, Videos geschaut, etwas im Internet
gesurft und wieder Besuche bekommen. Mein Zimmernachbar wurde auch
entlassen, so dass ich ganz alleine war – ich frag mich, was
alle so an Einzelzimmern schätzen – ich fand es extrem
langweilig. |
8. September 2006 |
Freitag durfte ich dann wieder heim. Natürlich kamen die Möbel
meiner Schwester genau an dem Tag, so dass sie mich nicht abholen
konnte, doch das war kein Problem, da die Bahn direkt vom Krankenhaus
bis fast vor meine Haustür fuhr, so dass das kein Problem war.
Zu hause gab es dann endlich wieder anständiges Essen.
Abends bekam ich dann wieder Besuch und ich durfte zum x-ten Mal alles
erzählen. |
9. September 2006 |
Das Wochenende war recht ereignislos, nur Lesen Video gucken und
lesen… |
11. September 2006 |
Montag ging der Arztmarathon weiter: Beim Urologen, der ja nun meine
Haupt-Anlaufstelle war, nahm man mir mal wieder Blut ab, kontrollierte
die Nähte und gab mir die Überweisung zur CT-Untersuchung,
für den kommenden Tag.
Auch hier wieder die Blutwerte: Beta HCG: 0,16, Alpha Feroprotein:
2,1. Beide Marker waren also noch mal gesunken, was darauf hindeutete,
dass die OP erfolgreich war. |
12. September 2006 |
Wieder früh aufstehen und ohne Frühstück aus dem
Haus – für die CT Untersuchung musste ich wieder nüchtern
sein. Wie ich das liebe. Also mit der Bahn zur Praxis Rad ging noch
nicht – und dort durfte ich dann einen Liter Kontrastmittel
schlucken – schmeckt grauenhaft. Aber egal, runter damit –
die Iso Plörre im Wettkampf schmeckt auch nicht immer besser.
Vor dem Kontrastmittel in die Vene hatten mich einige Freunde gewarnt,
wie schlimm das doch sei – ich hab davon so gut wie gar nix
gemerkt, so dass die Untersuchung recht ereignislos war.
Der Befund war dann auch sehr gut, sprich es wurden keinerlei Metastasen
gefunden, weder in der Lunge, noch im Bauch – WIE GEIL, dachte
ich mir. Also vorsorglich eventuell eine Bestrahlung und das wars.
Entsprechend gut gelaunt und mit einem fetten Grinsen ging es nach
hause und am Nachmittag dann zum Urologen. Dort kam dann aber der
Hammer – die histologische Untersuchung war abgeschlossen und
hatte ergeben, dass es sich bei meinem Tumor um ein unausdifferenziertes
embryonales Karzinom (Stadium 1 nach Lugano) handelt. Tja, bei diesen
Viechern geht man davon aus, dass sie bereits in 30% der Fälle
gestreut habe, auch wenn noch nichts auf den Bildern zu erkennen ist.
Das kann man auch nicht testen, so dass man da vorsorglich eine Chemotherapie
anhängt. Zwar ist die Heilungschance in diesem Stadium immer
noch fantastisch, dennoch hat mich das vollends umgehauen. Der Arzt
hat mir dann erklärt, was auf mich zukommt (2 Zyklen PEB-Chemotherapie)
mit all den Nebenwirkungen und dann durfte ich heim, wo ich ganz ehrlich
gesagt vollkommen fertig war. Mit Christoh war ich dann zur Ablenkung
im Kino, was aber nicht wirklich funktionierte und danach habe ich
noch lange mit Cora telefoniert, was mir sehr geholfen hat –
Vielen Dank noch einmal dafür. Schlafen konnte ich natürlich
immer noch nicht, so dass ich bis spät in die Nacht alle Informationen,
die ich im Internet finden konnte, zu dieser Chemotherapie gelesen
habe. |
13. September 2006 |
Am kommenden Tag hatte ich die ersten Voruntersuchungen: Lungenfunktionstest
mit allem was dazugehört. Eines der verabreichten Medikamente
kann die Lunge angreifen und um das kontrollieren zu können testet
man die Lunge vor der Therapie. Wie nicht anders zu erwarten, waren
meine Werte excellent – kein Wunder als Leistungssportler. Die
Ärztin war aber auch auf andere Weise sehr hilfreich –
da sie selbst 6 Zyklen Chemo hinter sich hatte, konnte sie mir von
Ihren Erfahrungen berichte, was mir sehr geholfen hat. Sie machte
sogar Scherze, als sie mein Livestrong Band sah: „Sie brauchen
Lance Armstrong ja nicht alles nachmachen“. Das war das erste
Mal, dass ich lachen konnte, seitdem ich von der Chemo erfahren hatte.
Zur Kontrolle der Nierenfunktionen musste ich dann einen Tag Lang
Urin sammeln, so dass ich notgedrunen zu hause bleiben musste. Am
Nachmittag hielt ich es bei dem super Wetter aber dann doch nicht
aus und konnte wenigstens eine Stunde lang spazieren gehen. |
14. September 2006 |
Nächster Tag, nächste Untersuchungen. Diesmal beim HNO
Arzt. Auch hier alles in Ordnung – selbst 20 Jahre Walkman haben
meinem Gehör nicht geschadet. Und wieder gibt mir die behandelnde
Ärztin Tipps zur kommenden Therapie. Beim Urologen werden mir
die Fäden gezogen, bzw. die überstehenden Stücke abgeschnitten,
da es resorbierbare Fäden sind. Und wieder mal wird mir Blut
abgenommen, um den Gerinnungsfaktor zu bestimmen. Dann kommen die
nächsten Überweisungen nach einem langen Gespräch mit
dem Arzt: einmal eine Überweisung zum Gefäßchirurgen,
der mir einen Port einsetzen soll, dann zum Onkologen, der die Therapie
durchführen wird und zur Kryokonservierung, denn sicher ist sicher.
Die Nachricht von der bevorstehenden Therapie habe ich mittlerweile
einigermaßen überwunden und sehe optimistisch in die Zukunft
– ich lass mich doch nicht von so was unterkriegen. Stehe ich
nun die Chemo durch und dann ist gut. Der Arzt meint auch, dass mir
meine sehr gute körperliche Verfassung bei dem kommenden sehr
helfen wird, denn nun ist die Unsicherheit, wie sich die Chemotherapie
bei mir auswirkt, mein größtes Problem. |
15. September 2006 |
Immer noch bin ich krank geschrieben, darf also nicht arbeiten.
So lungere ich zu hause rum und treffe mich nachmittags mit Jose.
Zusammen fahren wir ca. eineinhalb Stunde Rad und da wurde mir wieder
klar, was mir dieser Sport bedeutet. Auch wenn es keine so schöne
Tour war und ich auch nur langsam fahren konnte, war ich so glücklich
wieder auf dem Sattel zu sitzen, ist schwer zu beschreiben. Ich glaube
in dem Moment wurde mir klar, dass ich gar nicht anders kann, als
wieder gesund zu werden. Abends besuchte mich noch die Bettina und
machte mir auch noch Mut – als Ärztin konnte sie mir auch
einige drängenden Fragen beantworten. |
16. September 2006 |
Ich trau es mich gar nicht zu schreiben. Samstag musste ich natürlich
wieder Rad fahren. Vormittags kam Cora zum Frühstück vorbei
und wir redeten über alles – die Krankheit, die Therapie,
aber auch alles andere denkbare. Danach wie gesagt wieder eine Radtour
– diesmal schon zweieinhalb Stunden. (Ich hatte dazu übrigens
das OK des Arztes bekommen) In Sachsenhausen fuhr ich den Berg zur
Brauerrei mit reichlich Druck und so schnell ich konnte und es war
einfach herrlich wieder dieses Brennen in den Beinen zu spüren
– auch wenn ich vermutlich gar nicht so schnell war…
Abends entschlossen wir uns, das gute Wetter noch mal auszunutzen
und Grillen zu gehen. |
17. September 2006 |
Da einige Verienskollegen heute beim Lauf in Neu Isenburg starteten
und Jose bei einem Kriterium in Egelsbach, war heute Extrem-Zuschauing
angesagt. Also Kamera eingepackt und mit dem Rad nach Neu Isenburg
und Photos gemacht. Nachdem dort alle im Ziel waren, ging es weiter
nach Egelsbach, wo wir Jose anfeuerten und auch Bilder machten. Anschließend
waren wir noch beim Thailänder essen. Alle sin allem also ein
wunderschönes Wochenende. |
18. September 2006 |
Da am heutigen Montag keine Arzttermine anstanden, konnte ich heute
zum ersten Mal wieder arbeiten gehen, was nicht sehr sinnvoll war
– was soll ich noch groß machen, wenn ich die kommenden
2-3 Monate nicht ins Büro kann. Also habe ich nur meinen Platz
aufgeräumt, noch ausstehende Anfragen von Studierenden bearbeitet
und meinen Kollegen alles erzählt. Ein Geheimnis wollte ich nicht
aus der ganzen Sache machen – früher oder später erfährt
es eh jeder, dann doch lieber aus meinem Mund.
Auch mein Chef war sehr verständnisvoll und es war gar kein Problem,
dass ich nun so lange ausfalle – ich solle also das ganze in
Ruhe auskurieren und auf keinen Fall zu ehrgeizig sein und zu früh
wieder kommen, das wäre das Dümmste was ich machen könnte
– da er ähnliches hinter sich hatte, konnte er da aus Erfahrung
sprechen.
Zur Beschäftigung für das kommende beschloss ich dann noch,
mir einen neuen IPOD zu kaufen, den es grad im Angebot gibt, so dass
ich während der Infusionen wenigsten Musik hören kann –
hoffentlich darf ich das. |
19. September 2006 |
Eigentlich dachte ich, dass ich heute schon den Port bekomme, daher
erschien ich in aller Früh im Uniklinikum und wieder mal ohne
Frühstück. Dann gab es aber nur die Vorbesprechung, wo ich
eh nur erfahren habe, was ich schon wusste, aber das ist ja wohl vorgeschrieben.
Da diese Woche kein Termin frei ist, werde ich nun angerufen, wenn
ich irgendwann dazwischen geschoben werden kann – OP auf Abruf
sozusagen.
Danch ging es wieder quer durch die Stadt ins andere Krankenhaus,
um die Röntgenaufnahmen meines Thorax abzuholen. Die werden bei
der Port-Implantation benötigt.
Danach noch mal zum Urologen, der mir dann alle Unterlagen für
den Onkologen gab, der mich nun die kommenden Wochen behandeln wird.
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20. September 2006 |
Der heutige Termin beim Onkologen lief sehr gut. Der behandelnde
Arzt ist selbst noch sehr jung und hat mir noch mal genau erklärt,
wie die Therapie abläuft und was ich alles beachten muss. Da
ich mir ja schon 20-30 Fragen vorher überlegt und aufgeschrieben
hatte, konnte ich diesen Part recht schnell abarbeiten. Ich darf
tatsächlich bei keinem Wettkampf starten, da ich auch Cortison
bekomme - als ob ich im Moment an sowas denken würde... Der
Therapieraum wurde mit ebenfalls gezeigt, es ist tatsächlich
so, dass ich dort einfach in einem Sessel sitze und die ganze Suppe
per Infusion bekomme. Also nichts von Krankenhaus Atmosphäre.
Die Pfleger und Pflegerinnen gaben mir noch einige Hinweise was
ich kommenden Montag alles mitbringen solle – Bequeme Klamotten,
Musik, was zu lesen, wenn ich mag auch mein Laptop, etwas zu essen
und zu trinken, für den Fall dass ich da ausgefallene Wünsche
habe und das war es dann schon. Zum Abschied durfte ich noch etwas
Blut dort lassen und bekam noch mal einen Urin Sammelbehälter,
denn beim ersten mal war anscheinend etwas bei der Messung schief
gelaufen.
Nachmittags konnte ich dann noch mal arbeiten gehen, nun ist auch
dort alles geklärt, war vermutlich vorerst eh das letzte Mal,
dass ich dort bin, morgen noch mal zum Andologen, und Freitag hoffentlich
die Port Implantation. Abend stand dann der erste Großeinkauf
an - will meine Pfleger ja nicht unnötig belasten und will
soviel wie möglich schon jetzt einkaufen, was ich in den nächten
Wochen essen und trinken werde. |
21. September 2006 |
Nun haben sich die Termine umgedreht, sprich heute wurde der
Port implantiert. Eigentlich war der Termin beim Andrologen geplant,
doch um 8:30 Uhr wurde ich angerufen, dass ich um 11:00 im OP sein
muss. Ok, also Andrologen angerufen und die meinten riesen Stress
zu machen – Hallo, Ihr wollt 400 Steine von mir, da kann man
auch mal nett sein. Zumal ich mir den Spaß ja heute auch nicht
freiwillig ausgesucht habe. Naja, nun habe ich da morgen einen Termin.
Die OP war dann wider Erwarten richtig harmlos. Hier noch mal ein
Riesen Dankeschön an die Ärzte im Uniklinikum, die mich
trotz vollem Terminplan, quasi zwischendurch aufgenommen haben.
Die OP wurde mit örtlicher Betäubung durchgeführt,
doch wenigstens durfte ich Musik hören, die konnte die OP Geräusche
aber auch nicht so recht übertönen. Also hab ich das Zischen,
Klacken, Schnappen und alles andere gehört. Zum Glück
hab ich nichts sehen müssen, denn ich war komplett zugedeckt,
dementsprechend hab ich auch geschwitzt wie ein Irrer. Die Schwester
meinte auch, ich wäre der erste, dem zu warm war, normalerweise
verlangen die Leute in dem OP immer zusätzliche Decken. Also
auch hier noch mal Entwarnung, Schmerzen hab ich gar keine gespürt,
es hat sich nur so angefühlt, als ob mir der Arzt die Knochen
rausreißen will… Anschließend musste ich noch
2 Stunden im Krankenhaus liegen, aber wenigstens durfte ich da wieder
essen und trinken, war aber dennoch froh, als ich entlassen wurde
– Krankenhäuser sind einfach nix für mich…
Heim bin ich dann mit der Bahn gefahren, eigentlich wollte mich
Christoph abholen, aber da ich so gut beieinander war, war mir das
lieber – er wird in der kommenden Zeit noch genug mit mir
zu tun haben.
Zu hause fing dann die Wunde an richtig weh zu tun, aber dank moderner
Schmerzmittel war das auch aushaltbar. Nun habe ich eine fette Beule
auf der rechten Brust, ich hoffe mal, dass das im Moment hauptsächlich
die Schwellung ist, denn das sieht schon etwas seltsam aus. Aber
ist ja auch nicht für ewig. Spätestens nach der zweiten
Kontrolluntersuchung kommt das Ding wieder raus. So schau ich im
Moment aus:
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22. September 2006 |
Die Kontrolle der OP-Wunde verlief kurz und schmerzlos –
Altes Pflaster ab, kurzer Blick drauf und neues Pflaster drauf.
Leider hatten die keine wasserfesten Pflaster, so dass ich mir die
selbst kaufen musste und das Pflaster selbst wechseln musste. So
kann ich nun wenigstens anständig duschen und das Desinfektionszeug
wegwaschen, mit nem Waschlappen tut es das nämlich nicht wirklich.
Danach dann das absolute Highlight: Kryokonservierung. Mehr brauch
ich dazu wohl nicht sagen: Die Räumlichkeiten haben den Charme
einer Bahnhofsmission und sind nicht wirklich einladend. Naja, musste
ich dann aber dennoch hinter mich bringen, am Montag erfahre ich,
ob es was gebracht hat. Die ersten Untersuchungen sahen jedoch ganz
gut aus. Ich hoffe zwar, das das ganze umsonst war, sprich, dass
sich mein Körper in zwei drei Jahren wieder normalisiert hat,
aber sicher ist sicher. Ist das hier nicht ein anregendes Ambiente?
Termin für den Beginn der Chemo habe ich auch: Montag um 8:30
Uhr geht es los. Auf der einen Seite endlich, auf der anderen Seite
freue ich mich natürlich gar nicht darauf, aber was soll es,
hilft alles nichts, muss ich nun durch. Morgen will ich wenigstens
noch mal etwas auf dem Rad sitzen, wegen der OP geht das ganze zwar
nur ganz locker, aber besser als gar nichts, denn danach ist erst
mal Ende Gelände mit Sport… Unter dem Pflaster seh ich
grad so aus:
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24. September 2006 |
So, das letzte Wochenende, an dem ich noch machen konnte was ich
wollte liegt hinter mir. Ok, mein Arzt wird vermutlich böse,
wenn der erfährt, das ich am Samstag 4 Stunden auf dem Rad saß,
aber bei dem Wetter ging das einfach nicht anders – und die
OP Wunde hab ich eh nicht mehr gespürt. Also sind wir mit dem
PSV eine klasse Runde durch den Taunus gefahren. Als ich dann das
Rad in den Keller geschoben habe, war ich schon etwas deprimiert,
denn das ist nun erstmal gestorben. Und daher hab ich es weiter weggeräumt.
Am nächsten morgen musste ich dann meine Familie bespaßen
– wir sind zu meiner Tante nach Fulda gefahren und waren dort
etwas in der Rhön wandern – war auch sehr schön, wobei
ich ja gestehen uss, dass ich lieber Rad gefahren wäre. Außerdem
war ich recht müde, da ich am Abend vorher noch recht lange bei
einem Freund auf einer Geburtstagsfeier war. Abends dann noch etwas
trinken (Nein, kein Teufel Alkohol) und bis spät abends fest
gequatscht, so dass ich erst um ca. 0:00 Uhr im Bett lag, wo ich auch
erst mal nicht schlafen konnte, da ich verständlicherweise doch
etwas nervös war.
Morgen geht es dann los: 2 Zyklen PEB-Chemotherapie zu je 3 Wochen.
Hierbei bekomme ich jeweils an den Tagen 1-5 ca. 5l Infusionen jeweils
mit Cisplatin, Bleomycin und Etoposid (und zusätzlich Kevatril
und Dexamethason) und an den Tagen 8 und 15 eine kleine Infusion mit
Bleomycin. Den Rest der Zeit braucht der Körper, um sich von
dem Gift zu erholen. Schaun ma mal, wie das wird… |
Weiter zum ersten Chemotherapie-Zyklus
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